Pressemitteilung
Auch wenn wir nur bis 2026 gewählt sind, dürfen wir nicht nur bis 2026 denken
Verschuldung soll sich in 4 Jahren verfünffachen - Haushalt und Finanzplan abgelehnt
Haushaltsrede im Kreistag
Sehr geehrter Herr Landrat, liebe Kolleginnen und Kollegen,
die Mehrheiten für den diesjährigen Haushalt scheinen klar zu sein, vor allem die „Landratsparteien“ werden sich mit ihrer Mehrheit durchsetzen und zufrieden sein. So weit, wie immer: „De Mehran hams de andan wieda zoigd“. Und trotzdem muss eigentlich allen klar sein, was heute beschlossen wird, wird so nicht funktionieren: Die Verschuldung wird laut Finanzplan von derzeit gut 20 Mio. Euro bis Ende 2025 auf knapp 100 Mio. Euro steigen. Schon im letzten Jahr hatten wir darauf hingewiesen, dass dies unrealistisch und Zitat „eine gruselige Finanzplanung“ ist. Wer diesem Haushalt und diesem Finanzplan zustimmt, betreibt Selbsttäuschung. Ja, wir hatten in der Vergangenheit ein solides Wirtschaften – wir haben erhebliche Rücklagen angehäuft, dabei konnten Sie sich Herr Landrat – Stichwort Kreisumlage – immer auf die Unterstützung unserer Fraktion zählen. Doch diesen Kurs verlassen wir.
Sehr geehrter Herr Landrat, ich frage Sie, warum haben Sie uns schon nicht 2020 gesagt, was die Regierung von Niederbayern zur rechtsaufsichtlichen Würdigung des Haushalts 2020 sagte? Warum haben Sie uns nicht 2021 gesagt, was die Regierung zur rechtsaufsichtlichen Würdigung des Haushalts 2021 sagte? Warum? Fällt dies auch unter Geheimhaltung und Verschwiegenheitspflicht? Man sollte, nein, man muss sich diese Aussagen der Regierung vergegenwärtigen: So heißt es in dem Schreiben vom 14.04.2020 der Regierung: „Die Regierung von Niederbayern hält die in der Finanzplanung dargestellten Kreditaufnahmen daher für nicht mit der dauernden Leistungsfähigkeit des Landkreises vereinbar. Der Landkreis Rottal-Inn ist daher gehalten, seine geplanten Investitionen mit seinen finanziellen Möglichkeiten in Einklang zu bringen. Er wird sorgfältig abzuwägen haben, welche Prioritäten er setzen möchte, welche nicht dringend notwendigen Vorhaben aufgeschoben werden müssen und wie er seine Eigenmittel erhöhen kann“.
Und im Schreiben vom 12.04.21 schreibt die Regierung von Niederbayern zur rechtsaufsichtlichen Würdigung der Haushaltssatzung und Haushaltsplans des Jahres 2021: „Weitere, im Investitionsprogramm enthaltene und noch nicht begonnene Maßnahmen sind aufzuschieben, sofern ihre Durchführung nur wünschenswert, derzeit aber nicht zwingend erforderlich ist, um den eingeplanten Kreditbedarf deutlich zu senken. Ansonsten wird der Landkreis durch die Schuldenbelastung über lange Zeit kaum mehr finanziellen Spielraum haben“.
Passend dazu auch die Prüfungsfeststellung des Rechnungsprüfungsausschusses: „Diese deutlichen Hinweise der Regierung von Niederbayern führten bisher zu keiner adäquaten Reaktion des Landkreises Rottal-Inn auf den Umfang der geplanten Investitionsmaßnahmen. Den politischen Gremien des Landkreises Rottal-Inn wurden von der Verwaltung noch keine entsprechenden Vorschläge vorgelegt“.
Bereits vor einem Jahr führte ich in meiner Haushaltsrede aus: „Wenn wir die Berufsschule seriös finanzieren wollen, werden wir unser Investitionsprogramm überarbeiten müssen: Maßnahmen strecken und auch verschieben – das ist zwar unbequem, aber dringend geboten. Für solche Gespräche steht die ÖDP-Fraktion zur Verfügung – ja noch mehr: Wir fordern Sie auch ein, Herr Landrat“.
Leider ist seitdem dies nicht passiert, der Haushalt mit der Finanzplanung kann vor dem Hintergrund der Aussagen der Regierung von Niederbayern noch nicht beschlossen werden, Haushalt und Finanzplanung sind nicht entscheidungsreif. Deshalb stellt die ÖDP-Fraktion den Antrag, die Verabschiedung des Haushaltes längstens bis Ende April zurückzustellen. In der Zwischenzeit sollen seitens der Verwaltung mit den Fraktionen Gespräche geführt werden mit dem Ziel, den Einwendungen der Regierung Rechnung zu tragen und den Haushalt und die Finanzplanung anzupassen. Außerdem ist vor der Verabschiedung des Kreishaushalts und Finanzplanung zuerst die Textziffer 3 des Rechnungsprüfungsausschusses zum Bericht über die formelle örtliche Prüfung des Jahresabschlusses 2020 abzuarbeiten. Darin setzt sich der Rechnungsprüfungsausschuss schwerpunktmäßig genau mit dieser Thematik bzw. den Aussagen der Regierung von Niederbayern auseinander.
Vor dem Hintergrund der geplanten Investitionen sehen wir seitens der ÖDP-Fraktion auch keinen Spielraum für eine Senkung der Kreisumlage. Dank der guten Umlagekraft profitieren ja auch die Gemeinde und Städte von dem höheren Steueraufkommen.
Eine riesige Enttäuschung gibt es in unserer Fraktion auch bei einem für uns sehr wichtigen Thema: Von den ambitionierten Planungen im Rahmen der Ökomodellregion ist offensichtlich nicht mehr als heiße Luft übriggeblieben. Der entsprechende Haushaltsansatz wurde von 50 T Euro auf rund 20 T Euro reduziert. Visionen, konkrete Ziele oder Projekte sind nicht erkennbar!
Ja, die Zukunft des Landkreises steckt in einem starken Berufsschulstandort und wir begrüßen und unterstützen, dass die Planungen der Berufsschule weitergehen können. Die Zukunft unseres Landkreises steckt vor allem aber auch in echter Nachhaltigkeit, Ökologie und Regionalität. Die Zukunft unseres Landkreises steht und fällt mit einem bodenständigen, nachhaltigen Handwerk, Mittelstand und einer nachhaltigen, bäuerlichen Landwirtschaft. Gerade die guten Umlagekraftzahlen aus dem Jahr 2020, dem ersten Corona-Jahr zeigen uns doch deutlich, dass unser Landkreis krisenfester aufgestellt ist als andere Landkreise. Dies müssen wir bewahren und ausbauen. Manchmal zeigen sich die richtigen Entscheidungen in ihrer ganzen Tragweite nicht sofort – jetzt im Rahmen der Diskussionen um die Abhängigkeit von Energieimporten im Rahmen des Ukraine-Krieges jedoch wird die Richtigkeit einer Entscheidung in der Vergangenheit noch deutlicher: war das Projekt Hackschnitzelheizung am Landratsamt und damit der Umstieg von Gas auf erneuerbare Energien schon vor rund 10 Jahren aus ökologischer Sicht richtig, so zeigt sich jetzt noch mehr, wie wertvoll und richtig die Entscheidung war. Dabei war die Hackschnitzelheizung damals jedoch alles andere als ein Selbstläufer – einflussreiche Kreise setzten weiterhin auf Gas. Deshalb gilt mein Dank all denen, die damals den Blick weit nach vorne richteten, vor allem aber der damaligen Landrätin Bruni Mayer, die sich gemeinsam mit uns mutig und beharrlich für dieses Projekt eingesetzt hat.
Abschließend nochmals zurück zu den Zahlen des Haushalts und der Finanzplanung: Es darf keinesfalls das eintreten, was die Regierung von Niederbayern mahnt: dass der Landkreis aufgrund der Schuldenbelastung für lange Zeit kaum mehr finanziellen Spielraum haben wird. Auch wenn wir nur bis 2026 gewählt sind, dürfen wir nicht nur bis 2026 denken. Lassen Sie uns deshalb den Haushalt und seine Finanzplanung zurückstellen und im Sinne der Regierung von Niederbayern neu aufstellen.