Pressemitteilung
"Die Schulen sind gleich nach den Kliniken die wahren Leuchttürme, für die wir Verantwortung tragen dürfen"
Haushaltsrede von Fraktionsvorsitzendem Sepp Rettenbeck
Sehr geehrter Herr Landrat, liebe Kolleginnen und Kollegen,
schon in diesem Jahr hinterlässt der Neubau der Berufsschule seine Spuren im Kreishaushalt – und dessen Gesamtinvestitionen in Höhe von 126 Mio. Euro werden in den kommenden Jahren der dominierende Faktor im Kreishaushalt sein. Ohne einem prall gefülltem Finanzpolster wäre dieser finanzielle Kraftakt nicht möglich – deshalb war es richtig, in den vergangenen Jahren die Kreisumlage trotz Begehrlichkeiten nicht stärker gesenkt zu haben. Und trotzdem wird dieses Finanzpolster bei weitem nicht ausreichen: Die geplante Neuverschuldung bis 2024 von aktuell 22 Mio. Euro auf über 100 Mio. Euro ist abenteuerlich und gruselig. Natürlich ist es „nur“ ein Plan, aber solche Pläne sollten schon ernst genommen werden können – dies ist jedoch bei diesem Finanzplan nicht der Fall und die ÖDP-Fraktion wird dieser Finanzplanung nicht zustimmen. Wenn wir die Berufsschule seriös finanzieren wollen, werden wir unser Investitionsprogramm überarbeiten müssen: Maßnahmen strecken und auch verschieben – das ist zwar unbequem, aber dringend geboten. Für solche Gespräche steht die ÖDP-Fraktion zur Verfügung – ja noch mehr: Wir fordern sie auch ein, Herr Landrat. Die Berufsschule mit den weiterführenden Schulen und Sonderschulen sind gleich nach den Kliniken die wahren Leuchttürme, für die der Landkreis und Kreistag, also wir alle, Verantwortung tragen dürfen! Deshalb freut es mich persönlich und unserer Fraktion sehr, dass der Landkreis in seiner Gesamtheit doch eine gewisse Kurskorrektur vorgenommen hat und jetzt auch Investitionszuschüsse in die Kliniken leistet!
Ganz andere Spuren hat Corona hinterlassen – und hinterlässt diese vermutlich noch sehr lange! Nicht nur, dass die Demokratie fast eingefroren wurde – leider auch im Landkreis mit vielen ausgefallenen Sitzungen der Kreisgremien. Die gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen sind beträchtlich: Einschränkung der Grund- und Freiheitsrechte und katastrophale wirtschaftliche Auswirkungen insbesondere auf den Einzelhandel; und in diesem Zusammenhang ist es ärgerlich und unverständlich, dass der Einzelhandel zugesperrt wurde – die Discounter jedoch Artikel des Einzelhandels verkaufen haben dürfen! Es ist schon erstaunlich, wie sozusagen mit einem Federstrich wesentliche, verfassungsgemäße Grundrechte außer Kraft gesetzt werden, andererseits aber politisches Handeln versagt! Zusammen mit den digitalen online-Anbietern ist Corona ein Brandbeschleuniger des Einzelhandelssterbens – gerade unserem ländlichen Landkreis Rottal-Inn darf dies alles anderes als egal sein.
Es ist ja schön – und ich befürworte dies nachdrücklich – wenn jetzt Friseure, Baumärkte und sogar Fußpflege wieder öffnen dürfen, aber was ist mit den Schulen, welche laut Politikerreden ja angeblich Priorität haben? Abgesehen davon, dass wir im Grundschulbereich und auch in den Abschlussklassen noch weit von der Normalität entfernt sind, hat man beispielsweise die Klassen 5, 6, 7 und 8 total vergessen! Einem über den Wolken schwebendem Kultusminister dröhnt ein dauerlautsprechender Ministerpräsident, der offensichtlich stündlich auf die Umfragewerte starrt!
Es macht auch sehr nachdenklich, wie penibel positiv getestete Bürgerinnen und Bürger kontrolliert und überwacht werden – auf der anderen Seite hatte man überhaupt nicht auf dem Radar, dass es Mutationen geben könne – die Kontrolle darüber hat Deutschland komplett verschlafen!
Und geradezu peinlich mutet es an, wenn ein Jahr nach dem offiziellen Corona-Ausbruch noch immer eruiert werde, warum die Zahlen des RKI von denen des Landkreises abweichen.
Schließlich noch ein Wort zum Inzidenzwert: Abgesehen davon, dass wir uns zum Sklaven dieses Wertes gemacht haben: dieser Wert erhält erst dann eine wirkliche Aussagekraft, wenn man ihn in das Verhältnis setzt, wie viele Menschen wirklich getestet wurden! Doch auch zu diesen Zahlen gibt es nicht nur im Landkreis ein klägliches Schweigen – trotz 2 +x Pressesprechern!
Und abschließend nochmals ein Wort zu den Kliniken und vor allem den dort Beschäftigten: Meinen Dank an die dort Beschäftigten verbinde ich mit einer politischen Forderung: Gute und bessere Bezahlung ist wichtig! Noch wichtiger sind aber endlich vernünftige Arbeitsbedingungen – denn diese sind schon längst und ohne Corona im Ausnahmezustand!