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Pressemitteilung

"Hätten uns Ausgleichszahlungen an die Kliniken schon früher gewünscht"

ÖDP-Fraktion stimmt Haushalt trotz großer Bedenken zu - Finanzplanung mit geplantem Schuldenanstieg von fast 400 Prozent abgelehnt - Haushaltsrede vom Fraktionsvorsitzenden Sepp Rettenbeck

Fraktionsvorsitzender Sepp Rettenbeck fordert Einsparvorschläge auch vom Landrat, nachdem die ÖDP bereits den autonomen Bus als möglichen Sparvorschlag ins Spiel brachte

Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Landrat, sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,

wenn ich gleich einen Satz des Eggenfeldeners Bürgermeisters zitiere, geht es mir nicht darum, die Eggenfeldener Stadtpolitik zu bewerten, mir geht es natürlich um den Haushalt und Finanzplanung des Landkreises!

Mit den Worten „Die Lage ist erwartet schlecht“ fasste kürzlich Eggenfeldens Bürgermeister die Finanzsituation seiner Stadt – sie gilt als überschuldet - zusammen. Interessant finde ich dabei die Wortkombination „erwartet schlecht“! Man hat also mit dieser Situation nach den Worten des Bürgermeisters gerechnet. Warum zitiere ich jetzt diesen Satz? Nun, Herr Landrat, es kann durchaus sein, dass auch Sie in ein paar Jahren eine desolate Finanzsituation des Landkreises erklären müssen! Und sie werden dann auch völlig zutreffend sagen können: Die Lage ist erwartet schlecht! Denn wo wir hinsteuern, ist offensichtlich! Noch haben wir ein dickes Finanzpolster mit einem Bestand an Finanzmitteln von über 20 Mio. Euro und einen sehr niedrigen Schuldenstand! Doch in den nächsten Jahren wird sich das Finanzpolster auf 2 oder 3 Mio. Euro abschmelzen und der Schuldenstand wird sich allein in 2024 von knapp 17 Mio. Euro um 27 Mio. auf dann knapp 44 Mio. erhöhen. Bis 2027 wird sich der Schuldenstand weiter deutlich auf dann knapp 120 Mio. Euro erhöhen.

Den Hauptgrund dafür kennen wir ja alle, der Neubau der Berufsschule. Vor diesem Hintergrund ist es gut, dass in den letzten Jahren die Begehrlichkeiten der FW auf eine niedrigere Kreisumlage keine Mehrheit gefunden haben – die Folge wäre schon jetzt eine noch viel deutlich höhere Kreisumlage. Stichwort Kreisumlage: Die Erhöhung von 47 auf 48 Punkte fällt jetzt einen Punkt niedriger aus als ursprünglich vorgesehen. Doch wir sind schon der Meinung, dass die zunächst von der Verwaltung vorgeschlagene Erhöhung um 2 Punkte richtig wären. Auch wenn es die Gemeinden und Städte freuen wird, dass die KU jetzt nur um einen Punkt erhöht wird – der Finanzbedarf des Landkreises bleibt durch seine geplanten Investitionen sehr hoch. Und dies werden eben dann die Gemeinden in den nächsten Jahren umso mehr über die KU zu spüren bekommen! Die Freude darüber, dass jetzt nur um einen Punkt erhöht wird, werden die Kommunen in den nächsten Jahren, wenn es den Kommunen noch schlechter geht, bitter zu spüren bekommen.

Ein Treiber dieses Finanzbedarf des Landkreises werden in den nächsten Jahren auch die drastisch höheren Zinszahlungen sein. Liegen diese derzeit bei rund einer halben Million Euro, wird sich dieser Betrag bis 2027 auf über 4 Mio. Euro fast verzehnfachen. Dies wird den Handlungsspielraum des Kreistages in den kommenden Jahren erheblich einengen.

Vor diesem Hintergrund begrüßen wir es sehr, dass der Ausschuss für Wirtschaft, Tourismus und Digitalisierung beim autonomen Bus nach Intervention der ÖDP den im Raum stehenden Zuschussbedarf in Höhe von fast 500 000 Euro pro Jahr in Frage gestellt hat. Wir waren jedoch schon sehr verwundert – und sind es immer noch, wie im Vorfeld diese beträchtliche Summe seitens der Verwaltung in die Abteilung „Kleingedrucktes“ geschoben wurde und zunächst seitens der Verwaltung überhaupt kein Diskussionsgegenstand war.

Beträchtlich bleibt auch der Zuschussbedarf beim Theater an der Rott. Auch wenn derzeit der Sanierungsbedarf mit 15 Mio. Euro Gesamtkosten und gut 7 Mio. Euro Eigenmittel im Vordergrund stehen, möchte ich auf den jährlichen Zuschussbedarf in Höhe von rund 1 Mio. Euro hinweisen, welcher unabhängig von den Investitionskosten anfällt. Damit werden wir für das Theater in den nächsten 20 Jahren insgesamt rund 30 Mio. Euro seitens des Landkreises aufbringen müssen.

Neu und beträchtlich ist auch der Zuschussbedarf bei den Rottal-Inn-Klinken. Die Unterfinanzierung der Kliniken – schon lange vor der Ampel-Regierung - durch den Bund, aber auch durch den Freistaat Bayern sind bekannt, werden jedoch von so manchen verantwortlichen Politiker negiert.  Übrigens stehen ausgerechnet die bayerischen Kliniken im bundesweiten Vergleich in puncto Wirtschaftlichkeit und Ertragslage nach dem Rating-Report 2023 besonders schlecht da!

Nachdem unsere Nachbarkliniken schon etwas länger erhebliche Defizite einfahren, haben sogenannte Sondereffekte – mehr darf ich wahrscheinlich nicht sagen um nicht das verbale Abräumkommando unserer Landkreisspitze zu aktivieren und mir das Wort entzogen wird - dafür gesorgt, dass unsere Kliniken erst jetzt erheblich ins Minus gerutscht sind.

Dabei finde ich es aber sehr gut, dass der Landkreis jetzt dieses Minus ausgleicht – dies hätten wir uns aber schon früher gewünscht, Herr Landrat! Zur Erinnerung und Verdeutlichung: Bereits 2016 haben wir in den Haushaltsberatungen gefordert, dass der Landkreis beispielsweise Ausgleichszahlungen an die Kliniken leistet. Wir hatten auch daran erinnert, dass das damalige gute wirtschaftliche Ergebnis der Rottal-Inn-Kliniken nicht vom Himmel fällt, sondern zu einem erheblichen Teil auf einen merklichen Personalabbau zurückgeht und die finanzielle Sanierung der Kliniken auf dem Rücken des Personals ausgetragen wird. Daraufhin wurde mir das Wort entzogen und ich konnte meine weiteren Ausführungen, warum wir Ausgleichszahlungen an die Kliniken für notwendig halten und dem Haushalt nicht zustimmen werden, nicht mehr ausführen. Vor diesem Hintergrund sind wir schon etwas verwundert, dass ausgerechnet Sie Herr Landrat, nachdem Sie uns damals einen Maulkorb verpasst hatten, jetzt ganz offensiv einen Zuschussbedarf für die Kliniken rechtfertigen und begründen! Das ist ja auch gut so, aber warum durften wir das 2016 nicht? Die Demokratie hat es nicht immer leicht in diesem Land, die Demokratie hat es aber auch nicht immer leicht in diesem Kreistag!

Wir werden in diesem Jahr knapp 10 Mio. Euro für die Kliniken bzw. Krankenhaussektor aufbringen müssen: Zu den gut 6 Mio. Verlustausgleich für unsere Kliniken kommen noch 3,5 Mio. Euro Krankenhausumlage an den Freistaat Bayern hinzu, denn: bekanntlich müssen ja die bayerischen Landkreise und kreisfreien Städte über die Krankenhausumlage den Fördertopf des Freistaates zu 50 Prozent füllen. Mit diesem Geld der Kommunen lässt sich dann der Freistaat und seine Abgeordneten dafür feiern, wie großzügig sie die Kliniken unterstützen! Liebe Abgeordnete des bayerischen Landtages: Sorgen Sie bitte endlich dafür, dass die Kommunen hier entlastet werden!

Im Hinblick auf den Finanzplan halten wir nach wie vor Einsparungen im sog. alten Verwaltungshaushalt für notwendig, worauf wir schon wiederholt hingewiesen haben. Und wir sind der Meinung, dass es die Aufgabe der Verwaltung bzw. des Landrates wäre, hier Vorschläge zu unterbreiten, auch wenn es erfreulicher ist, Spatenstiche zu machen oder den Neubau eines Hospizes – was wir an sich ja sehr begrüßen - anzukündigen.

Lassen Sie mich abschließend nochmals verdeutlichen, warum die Kommunen eine Erhöhung der Kreisumlage um nur einen Punkt in diesem Jahr schon nächstes Jahr deutlich zu spüren bekommen werden. Bei einer Erhöhung der Kreisumlage um 2 Punkte in diesem Jahr, hätte sich laut ursprünglicher Finanzplanung das Aufkommen aus der Kreisumlage im nächsten Jahr nur um 1,5 Mio. Euro erhöhen müssen. Erhöhen wir aber in diesem Jahr die Kreisumlage nur um einen Punkt, muss sich das Aufkommen der Kreisumlage laut aktueller Finanzplanung im nächsten Jahr um 3,4 Mio. Euro erhöhen, was exakt dem Betrag entspricht, den die Kommunen in diesem Jahr weniger werden aufbringen müssen.

Aus all den Gründen und auch wegen den wiederholt vorgetragenen Bedenken der Regierung von Niederbayern werden wir dem Haushalt trotz großer Bedenken noch zustimmen, den Finanzplan jedoch ablehnen.

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