Pressemitteilung
Haushaltsrede im Kreistag im Namen der ÖDP-Fraktion
Sehr geehrte Frau Landrätin, liebe Kolleginnen und Kollegen,
Pro- und Contra- Diskussionen und die Demokratie leben bekanntlich ja davon, dass zwei konträre, gegensätzliche Seiten ihre Auffassungen und Überzeugungen vortragen rückblickend auf die letzten 9 Jahre hier im Kreistag sehr geehrte Frau Landrätin, hat uns oft einiges getrennt, aber wir hatten auch etwas gemeinsam: Wir haben eben unsere Überzeugungen kundgetan, und in diesem Sinne haben wir auch der Demokratie denke ich insgesamt keinen schlechten Dienst erwiesen. Nun seit ein paar Wochen, seit dem atomaren GAU in Japan sind wir Zeugen davon, dass Pro- und Contra-Diskussionen wie eben über die Risiken der Atomenergie auch von ein und derselben Person geführt werden können: Bestes Beispiel dafür ist unser bayerischer Umweltminister Markus Söder und nicht nur mit Seehofer und Merkel wäre eine schier endlose Verlängerung dieser Namensliste möglich. Nun könnte man positiv anmerken, dass es doch gut ist, wenn Politiker auch mal bereit sind, ihre Meinungen zu ändern doch dies trifft offensichtlich nicht zu im Gegenteil: Die Wendehalspolitik in der Atomenergie offenbart vielmehr, wie Politik in Deutschland Ausnahmen bestätigen die negative Regel gemacht wird: Konzernspenden füttern die Kassen der Parteien, orientierungslos und ohne Rückgrat operiert ein Großteil der Parlamentarier als Lobbyisten der Industrie, die Macht des Geldes und der Profitgier siegt über die Sicherheit - wie die Laufzeitverlängerung vor allem der alten Atomkraftwerke gezeigt hat. Der grundgesetzliche Auftrag der Parteien (Art. 21 GG), an der politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken, verkommt dabei immer mehr zu einer unsozialen, ungerechten und schöpfungsfeindlichen Politik des Neoliberalismus, deren Thesen Privatisierung, Deregulierung und Liberalisierung vor allem die Westerwelle-FDP (aber nicht nur die) hoffähig zu machen versucht hat. Vor diesem Hintergrund ist jetzt die sprachliche Neuausrichtung bei Söder und Co. nicht der Tatsache geschuldet, dass es beispielsweise beim Atomkraftwerk Isar 1 neue Erkenntnisse gibt, sondern weil im Zweifelsfall die Macht und der Machterhalt noch wichtiger ist. Wenn Seehofer jetzt sagt, die Atomenergie sei eine Sache von gestern, so müsste er auch hinzufügen, die Politik der CSU ist in Teilen von gestern. Denn mit einer Neuausrichtung der Energiepolitik alleine ist es nicht getan. Vielmehr ist dringend ein grundsätzlich anderer Politikansatz erforderlich, ein Ansatz, der dem ständigen wirtschaftlichen Wachstum eine Absage erteilt. Ein klarer politischer Kompass ist dabei auf jeden Fall nicht mehr zu erkennen, die Halbwertszeit der politischen Glaubwürdigkeit steht diametral derer von Plutonium entgegen, bei Plutonium beträgt die Halbwertszeit 24000 Jahre, die politische Glaubwürdigkeit hat mittlerweile eher eine Halbwertszeit von 24000 Sekunden, das entspricht aber nicht Jahre, sondern 6 7 Stunden.
Bei aller Kritik, die ich doch hin und wieder manchmal auch öfters an ihnen, Frau Landrätin, in den letzten 9 Jahren hier im Kreistag geübt habe, so gilt es doch festzuhalten: Sie hatten feste Überzeugungen, für die Sie einstanden, eine sowohl als auch Politik war nicht ihre Sache.
Was nun den Kreishaushalt betrifft teilt die ÖDP-Fraktion folgende Ansichten und Überzeugungen:
Zum einen fällt das offensichtlich gute Jahresergebnis 2010 auf, denn neben einer steigenden Neuverschuldung von 2,6 Mio. Euro was deutlich unter dem Haushaltsansatz von 2010 liegt - sind mit 3,5 Mio. Euro Rücklagen auch um 2,4 Mio. Euro höhere finanzielle Mittel zu verbuchen. Das bedeutet, dass sich die finanzielle Situation des Landkreises saldiert 2010 mit 0,2 Mio. Euro nur unwesentlich verschlechtert hat. Demgegenüber fällt der Haushaltsansatz 2011 im Vergleich zu 2010 drastisch negativer aus und dies obwohl sich der Zuschussbedarf für die Kreiskrankenhäuser um 4 Mio. Euro vermindert. Doch statt um 4 Mio. besseren Haushaltszahlen ist den mir vorliegenden Zahlen zu entnehmen, dass sich die finanzielle Situation des Landkreises 2011 um 8,5 Mio. Euro verschlechtert: Neben einer geplanten Neuverschuldung von 6 Mio. Euro vermindern sich auch die Rücklagen von 3,5 Mio. Euro auf unter 1 Mio. Da stellt sich schon die Frage, wie die Differenz bzw. finanzielle Verschlechterung bei den anderen Haushaltsposten in Höhe von insgesamt 12,5 Mio. Euro im Vergleich zu 2010 zustande kommt.
Zwar ergibt sich trotz um 3 Punkte höherer Kreisumlage im Vergleich zur um 3,5 Punkte gestiegenen Bezirksumlage für den Landkreis ein Minus von 1,3 Mio. Euro, der Betrag von 12,5 Mio. Euro ist damit bei weitem noch nicht zufriedenstellend erklärt. Auch wenn man weiter Ausgabensteigerungen bzw. Mindereinnahmen bei den Schlüsselzuweisungen, Jugendhilfehaushalt, Sozialhilfehaushalt Thermalbad Birnbach, Hochbaumaßnahmen und den Tiefbaubereich berücksichtigt ergeben sich insgesamt nur 3,5 Mio. Ein näherer Blick in den Kreishaushalt zeigt jedoch, dass auch die Abschreibungen im Jahre 2011 deutlich steigen, weil 2010 wegen der fehlenden Eröffnungsbilanz was wir mehrmals negativ anmerkten offensichtlich die Abschreibung zu niedrig angesetzt wurden. Ein wesentlicher Umstand, warum der Kreishaushalt meistens erheblich besser ausfällt als der Haushaltsansatz, liegt darin, dass jedes Jahr Haushaltsausgabenreste gebildet werden, d. h., dass eben nicht alle Investitionen getätigt werden, die im Haushalt beschlossen wurden was wiederum bedeutet, dass auch die Neuverschuldung niedriger ausfällt als geplant. Die ÖDP-Fraktion geht davon aus, dass auch 2011 wieder Haushaltsreste gebildet werden und somit der Haushalt wieder besser ausfällt als geplant. Der eine oder andere Euro Luft möge vielleicht auch zusätzlich im Haushalt drinnen sein, dies ist aber auch mit Blick auf die Neuverschuldung dringend nötig. Völlig unwahrscheinlich halten wir es dagegen, dass sich 2011 tatsächlich insgesamt ein um 8,5 Mio. Euro besseres Ergebnis ergibt, deshalb sehen wir auch keinen Spielraum für eine niedrigere Kreisumlage. Solide Haushaltsfinanzen müssen weiterhin eine hohe Priorität haben. Wer eine niedrigere Kreisumlage fordert, den fordern wir auch auf, entsprechende Einsparvorschläge zu machen, sollte tatsächlich dabei auch jemand den Flugplatz in Eggenfelden ins Auge fassen, so darf er sich unserer Unterstützung sicher sein. Bezüglich Kreisumlage bzw. gegenüber den Gemeinden gilt es auch zu berücksichtigen, dass bei der Berechnung der Umlagekraft die Gemeinden seit 2010 die volle Gewerbesteuerumlage abziehen können durch die geringere Umlagekraft wirkt sich dies für die Gemeinden im Landkreis in Höhe von über 2 Mio. Euro spürbar entlastend aus, für den Landkreis bedeutet dies dagegen bei gleicher Kreisumlage eben entsprechende Mindereinnahmen in Höhe von über 2 Mio. Euro was in etwa wiederum 3 Punkte Kreisumlage bedeutet.
Trotz einiger Kritikpunkte wobei ich vor allem den Unmut der ÖDP-Fraktion über die finanzielle Situation beim Thermalbad Birnbach und die mangelhafte Kontrolle durch den Zweckverband herausstellen möchte, wird die ÖDP-Fraktion dem Haushalt mit 51 Punkten Kreisumlage zustimmen. Bedanken möchte ich mich noch bei allen Fraktionsvorsitzenden für die gute Zusammenarbeit.