Pressemitteilung
Haushaltsrede im Namen der ÖDP-Fraktion in der Kreistagssitzung vom 27.03.17
Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Landrat,
lassen Sie mich mit einem Spruch des ersten deutschen Bundespräsidenten beginnen, ein Spruch, der sich auch in unserem Sitzungssaal befindet: „Die Kommunen sind wichtiger als der Staat, das Wichtigste aber sind die Bürger“! Ein schöner, ein guter, ein richtiger und vor allem ein klarer Spruch – und dennoch möchte ich bewusst die Frage stellen – obwohl die Antwort dazu eigentlich auch klar ist: Um welche Bürger handelt es sich für uns Kreisräte? Natürlich sind es unsere Bürgerinnen und Bürger im Landkreis Rottal-Inn. Nichtsdestotrotz kann man hin und wieder - und bei speziellen Themen ganz besonders – den Eindruck gewinnen, dass die Bürgerinnen und Bürger der eigenen Gemeinde bzw. eigenen Stadt, oder noch besser, die eigene Gemeinde bzw. eigene Stadt mehr im Mittelpunkt steht, als das Interesse des Landkreises. Natürlich ist es nachvollziehbar und auch legitim und richtig, dass Bürgermeister, Stadt- und Gemeinderäte auf ihre eigene Kommune schauen, aber:
unseren Landkreis und somit auch den Kreistag und uns Kreisräte gibt es vor allem deshalb, weil wir Aufgaben wahrnehmen, mit denen die jeweilige Gemeinde oder jeweilige Stadt überfordert wären. Erst diese Aufgaben geben dem Landkreis seine Daseinsberechtigung. Gottseidank partizipieren direkt und unmittelbar alle Gemeinden im Landkreis von Einrichtungen des Landkreises, weil diese in allen Gemeinden vorzufinden sind, etwa von unserem überdurchschnittlich sehr langen Kreisstraßennetz. Auf der anderen Seite können von anderen Einrichtungen die Bürgerinnen und Bürger nur dann gut und wertvoll profitieren, wenn sie nicht in allen Gemeinden vorzufinden sind – etwa bei den weiterführenden Schulen, aber natürlich auch bei unseren Krankenhäusern. Gerade bei Letzteren kennt der bundesweite Weg zur Qualität und Wirtschaftlichkeit einen klaren und eindeutigen Weg: Zentralisierung und Spezialisierung!
Dies ist aber nicht wirklich umfänglich in den politischen Debatten des Landkreises angekommen. Und darunter haben die Kliniken und vor allem die Beschäftigten zu leiden! Immer wieder gibt es Beispiele dafür, dass Krankenhauspolitik oftmals in einem Rathaus, statt in den zuständigen Gremien des Landkreises gemacht wird. Das macht mich traurig.
Aber auch das Thema Kreisumlage ist in den letzten Jahren immer wieder ein Beispiel dafür, dass die eigene Gemeinde mehr im Blickwinkel von Mitgliedern des Kreistages steht, als die Erfordernisse und Bedürfnisse des Landkreises. Ich habe Verständnis dafür, dass sich Bürgermeister, Stadt- und Gemeinderäte mit aller Energie und Leidenschaft für die eigene Gemeinde einsetzen. Dabei dürfen jedoch die Anliegen und Bedürfnisse des Landkreises nicht zu kurz kommen. Trotzdem ist es schon sehr kritisch zu hinterfragen, ob der Landkreis eine europäische Hochschule mit überwiegend ausländischen Studenten fördern soll, wenn bei der eigenen Gemeinde die Schule saniert werden müsste und der für die Hochschulen eigentlich zuständige Freistaat zugleich keine normale Unterrichtsversorgung vor allem in den Grundschulen unseres Landkreises gewährleisten kann!
Was die Höhe der Kreisumlage anbelangt, dürfte es gerade in diesem Jahr keine Kritik geben: Unser Haushalt ist geprägt von einer Steigerung der Umlagekraft in Höhe von 6,5 % bzw. 7,1 Mio. Euro. Deswegen – und weil auch der Bezirk seine Umlage um einen Punkt gesenkt hat, können auch wir unsere Kreisumlage um 2 Punkte senken. Aus diesem Grund verbleiben von den 7,1 Mio. Euro Mehreinnahmen mit 5,9 Mio. Euro der überwiegende Teil bei den Gemeinde und Städten des Landkreises. Der Landkreis nimmt aus diesem Topf, der zur Finanzierung von Gemeinden, Landkreis und Bezirk gedacht ist, lediglich 0,9 Mio. Euro. Diese Tatsache findet unsere Unterstützung! Auch eine neuerliche Senkung der Neuverschuldung um knapp 2 Mio. Euro ist zu begrüßen. Auffallend ist in diesem Jahr der hohe Finanzmittelfehlbetrag von über 12 Mio. Euro, dahinter verbirgt sich jedoch eine gute Botschaft: Der Landkreis plant in diesem Jahr mit erheblichen Auszahlungen des sehr gut gefüllten Spendentopfes zur Unterstützung der Flutopfer. Wir hoffen, dass diese Auszahlungen auch realisiert werden, dann kehrt hoffentlich auch wieder mehr Ruhe und Zufriedenheit unter den Flutopfern ein.
Diese Fakten werden jedoch erheblich getrübt von der Tatsache, dass sich die Verschuldung der Kliniken erhöht und vor allem von der Tatsache, dass die Mehrheit der Kreisräte nicht bereit ist, die Unterfinanzierung der Kliniken mit einem Zuschuss wenigstens teilweise auszugleichen. Der bundespolitisch bedingte, und durch den Landkreis verstärkte Wirtschaftlichkeitsdruck wird auf dem Rücken des Personals ausgetragen. Dies lehnen wir entschieden ab – dies ist auch nicht zukunftsfähig! Richtig bizarr wird das Ganze, wenn man berücksichtigt, dass für eine europäische Hochschule Geld da ist, für unsere Kliniken nicht! Diesen Missstand werden auch bis zu drei Pressebeauftragte nicht schönreden können. Den Kreishaushalt werden wir in diesem Jahr aus diesen Gründen ablehnen! Abschließend noch ein Wort zu Herrn Altmannsperger, der leider heute nicht anwesend ist, ich hätte es ihm gerne direkt gesat: Wir bedauern außerordentlich seinen Weggang. Wir verlieren im Landkreis mit ihm viel Sachlichkeit und Menschlichkeit! Wir wünschen Herrn Altmannsperger alles erdenklich Gute und sagen danke für die gemeinsame Zeit!
Sepp Rettenbeck, ÖDP-Fraktionsvorsitzender