Pressemitteilung
Rettenbeck: Wir leben in einem Zeitalter der Konsequenzen
Haushaltsrede im Kreistag - Fraktion lehnt Finanzplanung ab
Rottal-Inn. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Landrat, sehr geehrter Herr Haas mit all ihren fleißigen Zuarbeiterinnen und Zuarbeitern,
wir leben in einem Zeitalter der Konsequenzen – und das in mehrfacher Hinsicht: während der Landkreis sieben Jahre nach der Jahrhundertflut noch immer damit beschäftigt ist, diese Katastrophe aufzuarbeiten und die Flut im Ahrtal noch immer Gegenstand in den Medien ist, hat kürzlich ein tropischer Wirbelsturm weite Teile Neuseelands verwüstet. Auch der Zustand unserer Wälder warnt uns eindringlich, dass wir schleunigst eine grundlegend andere Politik benötigen. Aber wenn es "in Anführungszeichen“ nur die Klimakrise alleine wäre, das Artensterben ist mindestens so dramatisch, jedoch noch längst nicht wie der Klimawandel im „Verdrängungsbewusstsein“ in unserer Gesellschaft angekommen.
Aber auch die zunehmenden internationalen Spannungen und Kriege müssten ein Weckruf sein, nicht in immer noch mehr Waffen zu investieren und darin Schutz zu suchen. Das trifft auch auf den Ukraine-Krieg zu: Die NATO gibt das 6 bis über das 10 fache an Rüstung aus, was Russland dafür aufwendet. Geld, dass dann für mehr Menschlichkeit und für die Bewahrung unserer Lebensgrundlagen fehlt: Nur 3 Tage dauerte es, bis die Ampel-Parteien 100 Mrd. für zusätzliches Kriegsmaterial bereitstellte, dagegen fehlen 3 Jahre nach Corona beispielsweise immer erhebliche Gelder für den Pflegebereich. Während Baerbock und Hofreiter verbal und mit Forderungen nach mehr Waffen aufrüsten, inszeniert sich ausgerechnet die AfD als Friedenspartei – eine Schande für die Ampel-Parteien, insbesondere aber für die Grünen…
Unser Lebens- und Wirtschaftsstil braucht mehr Menschlichkeit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit. Gerade deswegen sind Maßnahmen wie die Ökomodellregion und die Gemeinwohlökonomie keine ideologischen Hirngespinste, wie so mancher Kollege in diesem Gremium nahelegt! Nein, sie sind Leuchttürme für eine menschliche, gerechte und enkeltaugliche Zukunft. Deswegen ist es irritierend, andererseits aber auch ehrlich, wenn Ihnen Herr Fahmüller, bei freiwilligen Leistungen und somit bei möglichem Einsparungspotential immer sofort die Ökomodellregion einfällt. Die Personalkostenstelle wird zwei Jahre mit 75 Prozent bezuschusst, insgesamt können wir in zwei Jahren eine Fördersumme von 150 000,- Euro erhalten. Darüber hinaus sind weitere Förderungen möglich. Trotz allem kommen natürlich auch Mehrkosten auf den Landkreis zu – doch diese wären unserer Auffassung nach leicht an anderer Stelle einzusparen: bei dem von Ihnen aufgeblähten Bereich „Pressesprecher, Öffentlichkeitsarbeit bzw. Landrat-PR-Offensive-Management“!
Ja, auch unsere Finanzen stehen vor einem Zeitalter der Konsequenzen: Vor einem Jahr schlugen Sie Herr Landrat noch eine Senkung der Kreisumlage um einen halben Punkt vor – wir lehnten dies ab und sprachen angesichts der bevorstehenden Investitionen von einem Fehler. Sie Herr Landrat sahen darin ein Zeichen, dass der Landkreis trotz Widrigkeiten finanziell gut dastehe. In Anlehnung Ihrer Argumentation heißt doch dies dann für dieses Jahr, dass wir finanziell schlecht dastehen, weil wir eine Erhöhung um 2 Punkte vornehmen müssen. Gleichwohl halten wir diese Erhöhung für richtig, weil wir der Meinung sind, was die Regierung von Niederbayern schon 2020 feststellte: „Die Regierung von Niederbayern hält die in der Finanzplanung dargestellten Kreditaufnahmen daher für nicht mit der dauernden Leistungsfähigkeit des Landkreises vereinbar. Der Landkreis Rottal-Inn ist daher gehalten, seine geplanten Investitionen mit seinen finanziellen Möglichkeiten in Einklang zu bringen. Er wird sorgfältig abzuwägen haben, welche Prioritäten er setzen möchte, welche nicht dringend notwendigen Vorhaben aufgeschoben werden müssen und wie er seine Eigenmittel erhöhen kann“. Nur zur Erinnerung: Die Verschuldung soll laut Finanzplanung von derzeit knapp 20 Mio. Euro auf knapp 140 Mio. Euro im Jahre 2026 steigen. Wir hatten auch schon einmal angeregt, dass wir für die Finanzierung der Berufsschule auch Einsparungen im sog. alten Verwaltungshaushalt benötigen. Solche Vorschläge seitens der Landkreisspitze kommen jedoch leider nicht!
Nun zur mit Abstand größten Investitionsmaßnahme des Landkreises, der Berufsschule: Seitens der ÖDP-Fraktion haben wir mehrfach den Standort wegen möglicher Probleme aufgrund der Bodenbeschaffenheit, des Untergrundes und der Hanglage hinterfragt! Wir fragten mehrfach kritisch nach, weil es in Pfarrkirchen viele Spatzen von den Dächern pfiffen, dass die Hanglage erhebliche Probleme bereiten werde, der Untergrund schlecht ist und die Berufsschule eine teures Millionengrab werden wird. Trotz mehrfacher kritischer Nachfragen haben wir der Maßnahme zugestimmt, weil uns versichert wurde, dass der Standort keine besonderen Probleme bereiten werde. Seit der nichtöffentlichen Sitzung des Kreisausschusses vom letzten Mittwoch muss ich jedoch feststellen, dass die mahnenden Rufer mehr Weitsicht hatten, als die Verwaltung und die von ihr zitierten Gutachter. Auch wenn es kein Millionengrab werden wird, erhebliche Mehrkosten und erhebliche Probleme beim Bau sind fakt! Dafür erwarten wir Herr Landrat, dass Sie auch die Verantwortung übernehmen.
Unbefriedigend sind auch die Aussagen zum Theater an der Rott: Während es uns jährlich im laufenden Betrieb 1 Million Euro kostet, steht jetzt auch eine Sanierung in Höhe von 12 Millionen Euro an, wobei in der Finanzplanung 9 Millionen Euro an Zuschüssen eingeplant sind. Verlässliche Aussagen, ob und in welcher Höhe Zuschüsse wirklich kommen werden, sind jedoch nicht zu bekommen – im Gegenteil: wir müssen erst eine Planung in Höhe von knapp 700 000 Euro ausgeben, um zu erfahren, welche Zuschüsse bzw. in welcher Höhe wir Zuschüsse bekommen. Das Schreckensszenario: Wir geben 700 000 Euro für Planungen aus und erfahren, dass es keine Zuschüsse gibt. Was ist dann? Sanieren wir dann trotzdem, weil wir ja schon 700 000 Euro ausgegeben haben und nicht einfach so in den Sand setzen wollen? Oder sanieren wir dann nicht – Stichwort freiwillige Leistung – weil wir es uns nicht leisten können? Vielleicht sollten wir eine solche Entscheidung auch in die Hände der Bürgerinnen und Bürger mittels eines Ratsbegehrens stellen. Egal jedoch, wie weiter vorgegangen wird, es müssen die Fakten auf den Tisch, bevor wir erhebliche Gelder unserer Bürgerinnen und Bürger ausgeben. Seitens der Landkreisspitze wäre hier jedenfalls mehr Führung und Ansage wünschenswert und angebracht, im Gegenzug könnte sich ja die Landkreisspitze beim Rechnungsprüfungsausschuss zurückhalten und - ohne ständig Hindernisse in den Weg zu stellen - seine Arbeit machen lassen.
Vor diesem Hintergrund wird die ÖDP-Fraktion der Finanzplanung nicht zustimmen. Eigentlich wollten wir dem Haushalt geschlossen zustimmen – ich hatte ja in der Sitzung des Kreisausschusses ja auch zugestimmt. Doch dann kam anschließend die bereits angesprochene nichtöffentliche Sitzung mit den Enthüllungen über die Probleme beim Bau der Berufsschule: Aufgrund der neuen Erkenntnisse, was die Probleme beim Bau der Berufsschule anbelangt und unseren Vorbehalten gegen die Finanzplanung, werde ich jedoch auch dem Haushalt meine Zustimmung verweigern.