Pressemitteilung
Schirmer: "Liebe Politiker, seid wenigstens ehrlich!"
Pfarrkirchen. "Die Behauptung, Landkreise könnten Krankenhäuser nicht wirtschaftlich führen, ist nicht belegbar" dieses Fazit zog ver.di-Landesfachbereichsleiter für Gesundheit Dominik Schirmer bei einer Veranstaltung von des Aktionsbündnisses ‚Krankenhäuser in Bürgerhand! Mit Sachverstand! Kein Verkauf!" vor rund 250 Zuhörern in der Stadthalle.
Der Vortrag des ver.di-Experten bestach in mehrfacher Hinsicht: Aufgrund umfassender und jahrelanger Recherchen zeigte er zunächst die grundlegenden Rahmenbedingungen in der stationären, medizinischen Versorgung in Deutschland auf. Entgegen der öffentlichen Meinung habe Deutschland je Krankheitsfall die niedrigsten Kosten aller vergleichbaren Industrieländer.
Ein weiterer Schwerpunkt der Ausführungen von Schirmer bildeten die sogenannten "Vorteile" einer Privatisierung: Geringere Personalkosten, Arbeit- und Leistungsverdichtung und geringere Fallkosten können die Privaten nach Ansicht des ver.di-Referenten für sich verbuchen. Dies habe aber auch Auswirkungen auf die Qualität der Versorgung: "Bei den Privaten ist die Patientenunzufriedenheit höher als in kommunalen Einrichtungen" so Dominik Schirmer. Der Personaleinsatz ist in privaten Krankenhäusern "härter und knapper kalkuliert". So müssten bei Privaten Ärzte und Pflegepersonal mehr Patienten betreuen als in kommunalen Einrichtungen.
Natürlich ging der ver.di-Landesfachbereichsleiter für Gesundheit auch auf die konkrete, aktuelle Situation vor Ort ein und sprach von einer "verantwortungslosen Kirchturmpolitik". Näher befasste sich Schirmer auch mit dem Gutachten der GfS vom Oktober 2007, welches sich mit der wirtschaftlichen Situation der Krankenhäuser beschäftigte. Es gebe keine Gründe, dieses Gutachten der Bevölkerung vorzuenthalten, schließlich "geht es bei den Krankenhäusern um das Eigentum aller Bürgerinnen und Bürger des Landkreises". Vielmehr müsste man die dafür verantwortlichen "Kreispolitiker in Rechenschaft ziehen", weil sie genau den Weg gegangen seien, was das Gutachten als wirtschaftlichen und finanziellen Irrweg dargestellt habe.
Auf die Auswirkungen auf die Beschäftigten nach einem Verkauf zur Rede kommend sagte Dominik Schirmer: "Liebe Politiker seid wenigstens ehrlich" und bezog sich dabei auf ein Flugblatt der CSU, wonach sich an den Arbeitsverträgen gar nichts ändere. Das als ‚Besitzstandswahrung‘ ins Feld geführte Argument gelte nur für die Dauer eines Jahres, abgesichert sei lediglich eine betriebsbedingte Kündigung bis 2013. Erfahrungsgemäß – so Schirmer – wolle die Rhön Klinikum AG möglichst schnell neue Haustarifverträge, um vor allem bei Neueinstellungen sofort die niedrigere Tarife insbesondere für Beschäftigte im Hauswirtschafts- und Servicebereiche, im Labor und Röntgen, in der Technik und Verwaltung zu bezahlen.
Auch die Verträge für derzeit Beschäftigten werden auf die neuen Tarifverträge umgestellt und es wird lediglich eine "Besitzstandszulage" gezahlt, damit der bisherige Lohn bleibt.
Aber künftige Lohnerhöhungen werden mit dieser Zulage verrechnet, so dass man auch bei den "Alt-Beschäftigten" nicht davon reden kann, es würde sich nichts verschlechtern.
Auch die Zusage der Zusatzversorgung sei "kein großzügiges Angebot", sondern dies rechne sich vielmehr für die Rhön-AG und ist deshalb die Folge "wirtschaftlicher Vernunft". Würde Rhön nämlich nicht die Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes übernehmen wären millionenschwere Ausgleichszahlungen zum Ablösen dieses Altersversorgungssystems fällig, so der ver.di-Tarifexperte.
Den Sozialfond als "großzügige Gabe" an die Klinikbeschäftigten zu verkaufen, empfindet Schirmer als heuchlerisch. Mit dem Sozialfond sollen die Folgen der zu erwartenden Umstrukturierungen kompensiert werden. Daraus werden z.B. Abfindungen bei Kündigungen und Qualifizierungsmaßnahmen bezahlt.
Bei der anschließenden Diskussion wurde Dominik Schirmer auch die Frage gestellt wie groß durch den zugesagten Beiratssitz der Einfluss des Landkreises in Zukunft sei. "Keinen" antwortete Schirmer, der entscheidende Aufsichtsrat sei nämlich der Konzernaufsichtsrat und nicht der regionale Beirat.